Welches ist das richtige Inkasso für Sie? 

Ein Vergleich von Chancen, Risiken und Kosten 

 

Schuldet Ihnen jemand Geld, so gibt es verschiedene Inkasso-Dienstleister, welchen Sie die Rückführung Ihres Geldes anvertrauen können. Dieser Artikel zeigt Vorgehensweise und Stärken der verschiedenen Inkasso-Dienstleister und die damit verbundenen Inkassokosten. Er soll Ihnen bei der Auswahl des passenden Inkassos in Ihrem individuellen Fall helfen.

Inhalt:

Welche Inkasso-Dienstleister gibt es?

 

Sie selbst  (“Selbsthilfe”): Auf jeden Fall ist es sinnvoll, wenn Sie zunächst eine Zahlungserinnerung senden und mahnen. Erfolgt nach wie vor keine Zahlung, so lohnt es sich bei höheren Beträgen oft, das Gespräch zu suchen. So erfahren Sie möglicherweise, was die Hintergründe für den Verzug sind und ob Zahlungswilligkeit und -fähigkeit bestehen.

Inkassounternehmen (“Inkasso-Büro”): Der Begriff umfasst Unternehmen, welche in Ihrem Auftrag Forderungen eintreiben. Die grosse Zahl der Mandate betreffen Konsumschulden von Privatpersonen; es ist teilweise ein Massengeschäft. Das Inkasso geschieht in der Regel auf dem Korrespondenzweg (vorrechtliches Inkasso) und auf dem Rechtsweg.

Rechtsanwälte: Sie führen vor allem das Inkasso auf rechtlichem Instanzenweg durch. Sie Sie sind insbesondere kompetent bei der Analyse und Geltendmachung strittiger Forderungen. Auch sie betreiben zunächst das vorrechtliche Inkasso und versuchen eine Lösung auf dem Verhandlungsweg zu erzielen. Ohne Erfolg beschreiten sie den Klageweg.

Factoring: Factoring ist eher eine Finanzierungform, wobei Forderungen vom Unternehmen abgekauft werden. Das Factoring Unternehmen treibt die Forderungen auf eigenes Risiko ein. Die Forderungen bestehen meist aus noch nicht beglichenen Rechnungen. Eine interessante Option für Unternehmen.

Spezialisierte Inkasso-Unternehmen (“Geldeintreiber”): Diese Unternehmensgruppe umfasst Inkasso-Unternehmen, die zum Beispiel grenzüberschreitendes Inkasso anbieten oder die gegenüber komplexen Fällen mit besonders renitenten oder kriminellen Schuldnern oder dann zum Einsatz kommen, wenn Ermittlungen und Präsenz vor Ort nötig sind. Oftmals spricht man hier auch von «Geldeintreibern».

Welcher Inkasso-Dienstleister ist in meinem Fall richtig?

 

Diese Frage hängt zunächst von der Forderungshöhe ab. Für eher geringe Forderungen bis mehrere Tausend Franken / Euro ist Selbsthilfe oder der Einsatz eines Inkasso-Büros angebracht. Bei allen anderen Dienstleistern würden die Kosten rasch in die Höhe der Forderung selbst steigen.

Sodann spielen der Aufenthaltsort, die Beziehung von Schuldner und Gläubiger und die individuelle Konstellation beim Schuldner eine Rolle. Bei Schuldnern im Ausland ist der Einsatz eines lokalen Anwalts oder der Einsatz eines international tätigen Inkasso-Unternehmens nötig. Solche Unternehmen werden entweder selbst im Zielland tätig und/oder kooperieren mit Anwälten und Privatermittlern vor Ort.

Weiter ist wichtig, ob die Forderung strittig ist, ob sie also vom Schuldner ganz oder teilweise abgelehnt wird. Auch ist zu berücksichtigen, ob der Schuldner grundsätzlich zahlungsunwillig ist oder die Forderung gar aus einer unerlaubten / kriminellen Handlung erwachsen ist. Selbsthilfe oder Inkasso-Büros führen hier oft nicht weiter.

Bei kriminellen Handlungen könnten Sie selbst zwar eine Strafanzeige stellen. Diese führen aber selbst dann, wenn es am Ende zu einer Verurteilung kommt, oft nicht zu Geld, auch deshalb, weil die Forderung bis dann möglicherweise verjährt ist. Somit sind hier eindeutig Anwälte und spezialisierte Geldeintreiber gefragt. Beide können zunächst mit dem Schuldner verhandeln und rechtliche Schritte einleiten, Inkasso-Unternehmen, soweit sie dazu befugt sind (in der Schweiz z.B. Betreibung, Rechtsöffnung, Pfändung, Schlichtungsklage). Klagen bleiben Anwälten vorbehalten. Insbesondere Geldeintreiber werden zudem mit verdeckter Ermittlung, Präsenz vor Ort und Druck (im legalen Rahmen) arbeiten.

 

Was kostet das Inkasso?

 

Die traurige Wahrheit ist, dass Sie nahezu jedes Inkasso vorab Geld kostet und möglicherweise auch am Ende Ihr Ergebnis schmälert, selbst dann, wenn ein Teil der Inkassokosten beim Schuldner geltend gemacht werden kann. Ein fairer Vergleich ist nicht einfach. Wir vergleichen hier auf möglichst objektiver Basis drei Varianten für eine Forderung von CHF / EUR 400’000.–

KriterienInkassounternehmen
(“Inkasso-Büro”)
RechtsanwaltSpezielle
Inkassounter-
nehmen
(“Geldeintreiber”)
AnnahmenForderung sei tituliert.Forderung sei strittig.Forderung sei tituliert, der Schuldner sei abgetaucht und / oder renitent.
BasisAngebot eines namhaften Anbieters in der Schweiz- Bei einer Forderungssumme von 400’000.— wird Ihnen diesess Inkasso-Büro eine individuelle Offerte unterbreiten. Vereinbarungen auf Erfolgsbasis sind möglich. Inkassobüros befassen sich eher mit geringeren Summen.Prozesskostenrechner Advokatur Krepper Spring PartnerKonditionenraster Inkasso-Team AG Die Inkasso-Team AG kann Forderungen ab 50’000.—übernehmen.
Im Fall Inkasso-Team AG: Über Anzahlung hinaus fallen keine Kosten an, selbst wenn das Inkasso länger dauert.
VorabkostenIn der Regel und bei geringfügigen Forderung gering.
Einige Anbieter verlangen vorab eine Anzahlung, was in einer konkreten Offerte sichtbar wird. Annahme aufgrund uns bekannter Anfragen von Kunden: 10% der Forderungssumme. Im vorliegenden Beispiel somit 40’000.–
Über zwei Instanzen würden die Anwaltshonorare und Gerichtsgebühren (vom Gläubiger vorzuschiessen) in der Schweiz 44’366.—betragen. Manche Anwälte verlangen Kostenvorschüsse auf ihre Honorare.Initialkosten:
Anzahlung 7.5 %, somit 30’000.—. Werden zurückerstattet resp. mit der Erfolgsprovision verrechnet.
ErfolgsprovisionErfolgsprovision zwischen 15% und 50%, je nach Alter und Geografie der Forderung.
Annahme Mittelwert: 37.5 %, somit im Beispiel 150’400.–
Bei Obsiegen lägen Ihre schlussendlichen Kosten 7’420.–, bei Unterliegen bei 100’696.—Erfolgsprovision 30 %. Bei vollständiger Rückführung somit 120’000.–. Die Anzahlung wird rückerstattet, resp. verrechnet.
Netto-ErgebnisNettoergebnis für Kunde bei 100% Erfolg ca. 249’600.–, bei Misserfolg Minus geringfügig oder in der Höhe der Anzahlung.Nettoergebnis für Kunde bei 100% Obsiegen ca. 407’420.–, bei Unterliegen ca. minus 100’696.—Nettoergebnis für Kunde bei 100% Erfolg 380’000.-,
bei totalem Misserfolg 30’000.— (Anzahlung)

Vor und Nachteile / Risiken?

KriterienInkassounternehmen
(“Inkasso-Büro”)
RechtsanwaltSpezielle
Inkassounter-
nehmen
(“Geldeintreiber”)
Vorteile
  • Initialkosten bei eher geringen Forderungen gering.
  • Bei geringeren Forderungssummen (< 50’000.–) liegen auch die Prozentsätze für die Erfolgsprovision deutlich tiefer.
  • Wie weit Inkassobüros (bei geringeren Summen) den Weg über Privatbeteiligten-Anschlüsse gehen, ist nicht bekannt.
  • Fundierte rechtliche Analyse und Verfolgung, je nach dem auch durch Fachanwalt (Immobilienrecht, Strafrecht usw.)
  • Kosten werden bei Obsiegen aufgrund richterlichen Entscheids dem Schuldner auferlegt.
  • Kommt es aufgrund einer Strafanzeige zu einer Verurteilung, kann evtl. auf dem Adhäsionsweg (Privatbeteiligten-Anschluss) ein zivilrechtlicher Titel erwirkt werden. Ein Titel bedeutet aber noch kein Geld; jetzt folgt erst das eigentliche Inkasso.
  • Wenden Methoden an, welche die anderen Anbieter normalerweise nicht nutzen (verdeckte Observation, Vorort-Präsenz, Druckmittel usw.)
  • Vorgehen hartnäckig und kreativ
  • Kosten gedeckelt und erfolgsabhängig
  • Kommt es aufgrund einer Strafanzeige zu einer Verurteilung, kann evtl. auf dem Adhäsionsweg (Privatbeteiligten-Anschluss) ein zivilrechtlicher Titel erwirkt werden. Ein Titel bedeutet aber noch kein Geld; jetzt folgt das eigentliche Inkasso.
Nachteile, Risiken
  • In der Regel keine vertieften Ermittlungen
  • Keine Vorortpräsenz
  • Versagt oft bei professionellen, kriminellen oder abgetauchten Schuldnern.
  • Ein Titel (Urteil) bedeutet noch nicht, dass Geld fliesst. Jetzt beginnt in dem Fall erst das eigentliche Inkasso.
  • Bei langdauernder Strafverfolgung: Es kann sein, dass die zivilrechtliche Forderung verjährt, wenn eine Verurteilung vorliegt
  • Kein Kostendach: Kosten können ausufern. Anwälte fakturieren in der Regeln nach laufendem Aufwand
  • Wenn Forderung strittig und sofern aufgrund druckvoller Verhandlungen kein Ergebnis erzielt wird, muss evtl. parallel auch der Rechtsweg beschritten werden, mit den entsprechenden Kostenfolgen.
  • Initialkosten höher als bei Inkasso-Büro, gilt zumindest bei geringeren Forderungsbeträgen

Inkasso bei kriminellen und professionellen Schuldnern

 

Solche Schuldner nehmen das Geld anderer in der bewussten Absicht, es nie zurückzuzahlen.

 

Klassische Beispiele sind:

  • Anlagebetrug
  • Veruntreuung
  • Aufnahme von Darlehen unter falschen Angaben
  • und unzählige weitere Varianten

Diese Personen wissen genau, was folgt: Forderungen der Geprellten sowie eine zivilrechtliche und strafrechtliche Verfolgung. Dagegen wappnen sie sich vorsorglich durch leere Versprechen, vertrösten, neue „Deals“. Auch vorgeschobene Firmen, undurchsichtige, nicht durchsetzbare Verträge, Verstecken der erbeuteten Mittel, Geheimhalten ihres Aufenthaltsorts und Abtauchen in etablierte Wege, um vor allem im privaten Sektor Unruhe zu stiften. Selbst ein rein virtuelles Auftreten via Handy und Internet kommt immer öfters vor.

Hier ist cleveres Recherchieren und trickreiches Vorgehen gefragt. Und wir sind nicht zimperlich. Wenn wir die Schuldner so weit haben, dass wir ihnen das weitere Geschäft durch strafrechtliche oder andere Schritte vergällen, sind sie zu einer Zahlung bereit, natürlich auf die Zusicherung hin, dass wir sie nachher in Ruhe lassen. Auf dieser Taktik fußt unser Grundsatz, dass wir gegen einen Schuldner nur einmal vorgehen. In Strafverfahren schließen wir uns, als Privatgläubiger an, mit dem Ziel vor einer Verhandlung eine einvernehmliche Lösung zu erzielen.

Werden mir die Inkassokosten rückerstattet?

 

Es ist naheliegend, die Inkasso-Kosten, also z.B. die Anwaltskosten oder das Erfolgshonorar eines Inkasso-Unternehmens auf den Schuldner abzuwälzen.

Inkasso-Kosten sind wie Anwaltskosten Vertretungskosten und nicht ohne Weiteres abwälzbar. In der Schweiz können unter gewissen Bedingungen Ermittlungskosten, wie Adressermittlung u.dgl. überwälzt werden. Diese machen den «Braten jedoch nicht fett». Geltend machen kann man den Verzugsschaden: Wer sich mit der Zahlung einer berechtigen Forderung im Verzug befindet, hat dem Recht auf Begleichung der Schuld und einen Verzugszins von 5% pro Jahr zugute (Art. 104 OR)

Ein höherer Verzugszins, sowie Mahnspesen und andere Gebühren wären nur geschuldet, wenn sie vertraglich vereinbart wären (z.B. über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB). Das Gesetz sieht vor, dass Verzugskosten in erster Linie durch die Verzugszinsen abgedeckt werden (Art. 106 Abs. 1 OR). Einen zusätzlichen Verzugsschaden kann man nur verrechnen, wenn der Zahlungsverzug tatsächlich einen zusätzlichen, konkret bestimmbaren finanziellen Schaden geführt hat. Dies ist manchmal nicht ganz einfach nachzuweisen.

Registrierte Rechtsdienstleister und Anwälte können in Deutschland Inkasso-Kosten nach einem definierten Tarif geltend machen.

Doch wohlverstanden: Das alles gilt bei unbestrittenen oder titulierten Forderungen. Besonders in den Fällen, welche spezialisierte Inkasso-Unternehmen (Geldeintreiber) bearbeiten, sind diese Bedingungen meist nicht erfüllt und es bleibt dem Verhandlungsgeschick und -Druck der Geldeintreiber vorbehalten, auf welche Kostenbeteiligung man sich einigen kann.

 

Fazit

 

Inkasso kostet Sie vorab nahezu in jedem Fall und bei jedem Inkasso-Dienstleister etwas. Bei Erfolg kommen die Vorkosten ganz oder teilweise zurück. Durch die Wahl des richtigen Inkasso-Ansatzes können Sie die Kosten passend zu Ihrer Forderung in Grenzen halten.

Bleiben Sie realistisch: Alternativen wie «Zuwarten» oder eine Beauftragung allein nach dem Kriterium «Wer ist am günstigsten?» kann zum Totalverlust Ihrer Forderung führen. Hüten Sie sich vor Illusionen, wie man könne das Geld mit «Gewalt» eintreiben. Druck ist oft nötig, doch er muss sublim, clever, schuldnerspezifisch und im legalen Rahmen erfolgen. Dafür braucht es juristisch und psychologisch bewanderte, «mit allen Wassern gewaschene» Profis.

Selbst (seltene) Angebote, das Inkasso auf reiner Erfolgsbasis zu betreiben, sind heikel. Unter 100 Fällen gibt es immer ein paar, die einfach und schnell lösbar sind. Diese Rosinen picken sich solche Anbieter heraus; wenn Ihr Fall nicht dazu gehört, bleibt er möglicherweise liegen. Der Ankauf von Forderungen ist möglich, jedoch tut man dies nur bei «narrensicheren» Forderungen und mit massiven Einschlägen.

Die wichtigste Frage bleibt: Wer kann Ihr Geld am ehesten zurückbringen? Es gibt dazu keine allgemeingültige Empfehlung. Aller dargestellten Inkassoarten, resp. -Dienstleister können je nach Konstellation in Ihrem Fall geeignet sein und Erfolg haben.

Über den Autor
Edgar Gass absolvierte sein Studium in Psychologie, Informatik und Wirtschaft an den Universitäten Basel und Zürich und schloss 1982 als lic. phil. ab. Nach über drei Jahrzehnten Erfahrung als Unternehmensberater und Inkasso-Dienstleister übernahm er 2021 die Geschäftsführung der weltweit tätigen Inkasso-Team AG mit Sitz in Basel. Er und sein Team sind bekannt für ihr investigatives und hartnäckiges Inkasso.